San Jose State University: Interview & Erfahrungen eines Studierenden - Teil 2

Wie waren Ihre Erfahrungen mit dem typisch amerikanischen Dienstleistungsgedanken an der San Jose State University im Vergleich zu Ihren Erfahrungen an einer deutschen Universität?

Man merkt, dass Amerikaner grundsätzlich kundenorientierter arbeiten als man es hier kennt. Sie sind sehr hilfsbereit und man kann vielleicht das ein oder andere mal ein paar Forderungen mehr stellen. Man bezahlt ja schließlich Geld für die Kurse und kann daher etwas mehr erwarten als an deutschen Unis. Auch bei den Professoren merkt man die Hilfsbereitschaft, aber man hat manchmal das Gefühl, dass sie besonders zuvorkommend handeln, weil man als Ausländer Gast an der Universität ist.

Ich konnte das ganz gut bei meinem Mitbewohner beobachten. Er musste sehr viele bürokratische Forderungen erledigen und auch wenn es bestimmt vergleichbare Fälle bei den Internationals gab, konnte man hier den Vergleich von International und National ganz gut ablesen. Im International House gab es anfangs ein paar Probleme mit den Kursen, aber gefühlt wurden diese Probleme bei den Internationals schneller gelöst als bei den Einheimischen. Auch in den USA gibt es eine Menge Papierkram und Zettel auszufüllen, aber an sich ist der bürokratische Teil des Studiums wesentlich geringer als bei uns in Deutschland. Aber wie bei vielem kommt es auch auf den Einzelfall an.

Ich hatte etwas Probleme mit der Polizei, weil ich meinen Führerschein verloren hatte. Da ist der Aufwand etwa dreimal so schlimm wie in Deutschland, weil einem nicht sehr viel geholfen wird, sondern man alles selber erledigen muss.

 

Ein weiterer sehr interessanter Aspekt ist, dass Sie neben den Vorlesungen an der San Jose State University auch Kurse an der Stanford University belegt haben. Wie sind Sie darauf gekommen und wie ließ sich das umsetzen?

Ich habe davon über andere Studierende gehört, die mir von den Stanford Continuing Studies erzählt haben. Im Endeffekt ist es das Weiterbildungsprogramm von Stanford, wo man sich einfach wie an Abendkursen der Volkshochschule einbuchen kann. Natürlich ist das nochmal was anderes, als wäre man richtiger Stanford-Student. Dennoch hat diese Uni einfach einen klasse Charakter und es ist ein super Gefühl, in diesen Räumen zu lernen und von den Professoren unterrichtet zu werden.

Meine Kurse waren abends oder am Wochenende und natürlich mit vielen Erwachsenen zusammen, die sich neben der Arbeit diese Kurse als Weiterbildung zulegen. Da zu studieren ist einfach ein Traum – der Campus hat nochmal einen anderen Charakter und die Qualität ist nochmal auf einer höheren Stufe. Es kostet logischerweise Geld, aber als Abendkurs ist der Anspruch an Noten eher gering. Es gab vielleicht mal einen Credit Point, aber ich habe es vor allem gemacht, um mich entspannt weiterzubilden.

Ich habe einmal ein Essay über fünf Seiten geschrieben und ein sehr gutes Feedback von meinem Dozenten erhalten. Gefühlt sind die Stanford-Dozenten noch hilfsbereiter. Zum Beispiel hatte er zu jeder Vorlesung seine halbe Bibliothek dabei, von der man sich immer etwas ausleihen konnte und dann zur nächsten Woche das Buch einfach wieder abgegeben hat. Ich habe die Kurse sehr genossen, und in Stanford studiert zu haben ist ein herausragendes Erlebnis. Auch, wenn es nur Zusatzkurse waren und in Anführungszeichen „Continuing Studies“ macht sich so etwas immer gut im Lebenslauf.

 

Die Kursvorbereitungen haben Sie eben schon ein wenig kommentiert. Wie sah es mit der Leistungsabfrage an der San Jose State University aus und wie unterscheidet sich diese von der deutschen Variante?

Die Leistungsabfrage war überraschenderweise sehr schulisch. An meiner Universität schreibe ich nur am Ende des Semesters Klausuren und ähnliches – entweder ich schaffe es dann oder ich schaffe es nicht. In den USA ist das auf ein Semester gesehen viel verteilter. Die Anwesenheit darf nicht kontrolliert oder protokolliert werden. Eher wird diese mit zehn Multiple-Choice-Fragen in der Stunde abgefragt. Häufige Aufgaben sind die Bücher bis zu einem bestimmten Punkt weiterzulesen oder die letzten Vorlesungen nochmals aufzuarbeiten und anschließend kommt ein Test.

Ich habe mir aber immer gesagt, dass man mit dem Allgemeinwissen eines deutschen Studierenden und kontinuierlichem Aufpassen in den Vorlesungen diese Tests bestehen kann. Mit dieser Methode habe ich konsequent 80% bekommen. Wenn ich mich gar nicht auf einen Test vorbereitet habe, habe ich trotzdem meistens 70-80% bekommen. Das größte Problem an den Multiple-Choice-Tests ist, dass man manche Fachwörter nicht versteht – ich hatte beispielsweise nie ein Dictionary dabei. Für mich war immer klar: ich studiere in den USA, also wollte ich auch nicht ständig im Dictionary nachschlagen, sondern eher ohne ständige Hilfe klarkommen. Manchmal ist die Frage auch blöd gestellt. Mit dieser Methode sind 100% natürlich schwierig, aber selbst, wenn man alles liest, was man lesen soll und man denkt, man sei auf so einen Mini-Test gut vorbereitet, reicht es trotzdem nur für 80 oder 90 Prozent, weil eine Frage immer in die Hose geht.

Ansonsten gibt es Hausaufgaben, wo man Assignments machen muss und Texte schreibt, aber alles ist eher quantitativ ausgelegt und weniger in die Tiefe gehend. Schon die Abgabe gibt volle Punktzahl, damit die Studierenden sich mit dem Thema auseinander setzen. Außerdem kommen so eigentlich alle Studierende durch: wenn man immer anwesend ist und alle Assignments macht, kann man eigentlich gar nicht mehr durchfallen. Dann gibt es die Mid-Terms, auf die man sich ein bisschen vorbereiten sollte. Wenn man alle Assignments erledigt hat, kann man die Mid-Terms auch problemlos schaffen, da diese auf den vorherigen Aufgaben aufbauen.

Von den Finals heißt es, dass man hier seine Note nochmal stark verändern kann, aber ich habe hier maximal 1-2% meiner vorherigen Note verändern können. Demnach sah auch meine Vorbereitung auf die Finals aus, weil mir meine Note des gesamten Semesters wichtiger war und selbst wenn ich in den Finals durchgefallen wäre, hätte es nicht viel an der Note geändert und wenn ich 100% geholt hätte, wäre auch nicht viel passiert. Man ist zum Ende des Semesters entspannter als an einer deutschen Universität, wo die ganze Note von den Klausuren abhängt.

 

Man redet ja öfter über die Kosten für Unterrichtsmaterialien. Können Sie sagen, wie viel Sie in etwa für Bücher und andere Materialien ausgegeben haben?

Pro Kurs ist es schwierig zu sagen, aber insgesamt habe ich zwischen 150 und 200 Dollar ausgegeben, weil ich mir die Bücher gekauft habe. Es gibt auch die Möglichkeit, alle Bücher zu leihen.

 

Im Internet kann man auch über Amazon Sachen leihen, die man am Ende des Semesters wieder zurück schickt. Da könnte man am Ende auf Kosten zwischen 20 und 50 Dollar pro Kurs kommen.

 

Meistens geben die Professoren eine Liste der Bücher heraus. Gleichzeitig wird gesagt, dass es reicht, wenn man sich Buch A und/oder Buch B holt. Leihen hätte dann etwa 20 Dollar pro Buch gekostet, aber ich habe mich dazu entschieden, die Bücher für 40 Dollar pro Stück gebraucht zu kaufen.

 

Ich habe mir dann am Ende noch ein paar Bücher zusätzlich zugelegt, also kann man alle geforderten Bücher sogar noch günstiger kriegen.

Wie sehen die Lernbedingungen an der San Jose State University aus? Können Sie etwas zu der Bibliothek, den Seminar- und Vorlesungsräumen und ähnlichem erzählen?

Wo man am liebsten lernt, kommt immer auf seine eigenen Vorlieben an. Ob man in der klasse Bibliothek lernen will, von der man einen Ausblick über San Jose und eigentlich die ganze Bay Area hat, oder zu Hause lernen will, bleibt jedem selbst überlassen. Der höchste Stock der Bibliothek ist mein Geheimtipp, obwohl man irgendwann nur noch aus dem Fenster schaut, anstatt zu lernen. Sonst gibt es parkähnliche Anlagen wo man lernen oder etwas unternehmen kann. Dann gibt es noch Lern- und Intensivierungsgruppen, die von größeren Fachbereichen angeboten werden. Im International House gibt es einen sehr ruhigen Study Room, den ich sehr empfehlen kann oder man kann sich in den Essensraum setzen, wo man etwas mehr Kontakt zu anderen hat. Wie man studieren möchte, kann jeder selber entscheiden und für alle Varianten gibt es an der San Jose State University flexible Angebote.

 

Wie ist es Ihnen gelungen, neue Freundschaften mit Amerikanern oder anderen Internationals zu schließen?

In der Einführungswoche haben wir Studierende kennengelernt, die nicht im International House gewohnt haben. Wobei in der ersten Woche noch stark auf die Nationen geachtet wurde, weil diese teilweise auch an unterschiedlichen Orten untergebracht sind. Da ich ja schon etwas früher in San Jose war, konnte ich den Neuen alles zeigen und umgekehrt haben sie mir auch ihre Umgebung gezeigt.

Durch die Einführungswoche lernt man automatisch neue Leute kennen. Wie gesagt, im International House entstehen durch die familiäre Atmosphäre schnell neue Freundschaften, weil man untereinander eigentlich alles voneinander erfährt. Man lernt miteinander, verbringt die Abende zusammen, isst gemeinsam und lernt so alle Bewohner kennen. Auch in ganz kurzer Zeit können hier sehr enge Freundschaften entstehen.

 

Was waren Ihre persönlichen Highlights der Sehenswürdigkeiten, die Sie rund um San Jose besucht haben?

Was man unbedingt machen muss, ist im kleinen „Gebirge“ von San Jose den Ausblick genießen. Auf dem Mount Hamilton gibt es das Lick Observatorium, das man schon aus der ganzen Stadt sehen kann. Man braucht definitiv ein Auto oder einen Mietwagen, um dort hinzufahren. Die Strecke ist sehr schön und man hat einen Ausblick über die gesamte Bay Area. Bei den verschiedenen Seen auf der Strecke könnte man gut wandern gehen, wir haben damals aber eine Auto-Tour gemacht, die an der Universität gestartet ist und gezeigt hat, wie nah alles in der Bay Area zusammen liegt.

 

Wir sind morgens Richtung Lick Observatorium auf dem Mount Hamilton gestartet, danach sind wir ans Meer nach Santa Cruz gefahren und haben dort den Mittag am Meer genossen. Dann sind wir am Meer entlang die ganze Strecke nach San Francisco gefahren. Die Küstenstraße muss man unbedingt fahren. In Richtung von Santa Barbara ist sie manchmal gesperrt, aber von Santa Cruz nach San Francisco zu fahren, ist sehr empfehlenswert. Natürlich kann man nicht so schnell fahren und ist dadurch ein paar Stunden unterwegs, aber man ist die meiste Zeit mit der Aussicht auf beiden Seiten beschäftigt.

 

Man kommt dann zum frühen Abend in San Francisco an und kann dort zu Abend essen. Parkplätze bekommt man da sehr schnell, kann das Auto einfach abstellen und dann zu den Highlights von San Francisco spazieren.

Am späteren Abend kann man sich dann wieder ins Auto setzen und fährt auf der Innenseite der Bay wieder etwa eine Stunde zurück. An dem Tag hat man von Bergen über Meer bis zu Fischerdörfern und Großstadt-Touren alles gesehen. Weitere Highlights war ein Besuch bei einem Indie-Car-Rennen in Sonoma, eine Tour zum Napa Valley und ein Ausflug nach Santa Barbara.